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Amazon-Preise vor dem Kadi

Ein Preisbindungsstreit zwischen einem norddeutschen Sortimenter und Amazon endet vor Gericht. Nachdem ein Vergleich gescheitert ist, wird das Hamburger Landgericht voraussichtlich im Januar urteilen. Verband und Preisbindungsanwälte raten von einer gerichtlichen Klärung ab.

Dietrich Wienecke (Fotomontage), der in der Kleinstadt Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) auf 150 qm die Buchhandlung Schopf betreibt, hatte 2006 begonnen, Amazon abzumahnen und später auch unter Hinweis auf das Buchpreisbindungsgesetz zu verklagen, wenn der Online-Händler preisgebundene Bücher unter Preis verkaufte.

Hintergrund: Wienecke hatte beobachtet, dass er Kunden verlor, nachdem diese den Eindruck gewonnen hatten, dass der Einkauf bei Amazon günstiger sei: „Es sind regelmäßig Kunden mit Amazon-Ausdrucken im La­den, um bei uns einzukaufen. Als immer wieder Fälle auftraten, bei denen wir vermeintlich zu teuer waren, sind wir gegen Amazon vorgegangen.“

Für den Gerichtstermin war jetzt ein Vergleich vorbereitet worden, demzufolge sich Amazon verpflichtet, seine Preisangaben zur Fehlerminimierung künftig mit den Barsortimentskatalogen von Libri und KNV abzugleichen. Obwohl sich auch das Gericht den Vergleich zu eigen machte, lehnte Amazon ab, so dass es absehbar im Januar zu einem Urteil kommen wird.

Fehlerhäufigkeit durch Barsortimentsdaten verringern

Buchhändler Wienecke zeigt sich überrascht, dass der „pragmatische“ Vergleich nicht zu Stande gekommen ist. Er berücksichtige schließlich, dass keine Buchdatenbank völlig fehlerfrei ist. Seine Argumentation, unterfüttert durch Datenabgleiche seines Buchhandelsverbunds eBuch:

  • 95% des Buchumsatzes werde mit Titeln generiert, die in den Barsortimenten gelistet sind; Schaden sollte vordringlich in diesem Segment vermieden werden.
  • Die Fehlerhäufigkeit bei Libri und KNV sei erheblich niedriger als in der Titeldatenbank von amazon.de.
  • Mindestens 80% der inhabergeführten Buchhandlungen greife selbst auf die Daten von Libri und KNV zurück, so dass die wenigen verbleibenden Fehler brancheneinheitlich wären und nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Etwaige falsche Preise aufgrund der Barsortiments-Daten sollten laut Vergleich auch nicht als Preisbindungsverstoß beanstandet werden.

Verband und Preisbindungsanwälte bevorzugen kooperative Linie

Dass Wienecke und andere Sortimenter auf eigene Faust gegen Preisbindungsverstöße von Amazon vor Gericht ziehen, gilt als Branchenpolitikum: Beim Börsenverein und den Preisbindungstreuhändern wird die Konfrontation mit dem Branchenriesen kritisch gesehen, der sich laut Preisbindungstreuhänder Christian Russ ja „meist kooperativ“ verhalte. Russ bevorzugt, bei falschen Onlineshop-Preisen zu prüfen, woher die Datenbankfehler kommen, und sich dann darum zu kümmern, dass das Problem abgestellt wird. Es sei nun mal eine Krux, dass das „Verzeichnis lieferbarer Bücher“ (VlB) keine Referenzqualität habe.

Im Frühsommer und auf der Frankfurter Buchmesse war es zu informellen Treffen der streitenden Parteien mit Börsenverein, Preisbindungstreuhändern und dem eBuch-Generalbevollmächtigten Lorenz Borsche gekommen. Beim ersten Treffen hat sich Amazon nach Erinnerung von Teilnehmern ausdrücklich zur Preisbindung bekannt. Eine Lösung für die monierte Fehlerquote der Preisangaben bei Amazon und auch bei der VlB-Datenbank der Börsenvereinstochter MVB kam aber in der Runde und im Nachgang nicht zu Stande.

Das konkrete Angebot, seine Fachkenntnis beim Abgleich der Datenbanken zu nutzen, sei bisher immer noch nicht abgerufen worden, berichtet Borsche, der von Hause aus EDV-Mann ist.

Der Börsenverein, der sein VlB (und das angeschlossene E-Book-Projekt Libreka) weiter im Geschäft halten will, hat unterdessen damit begonnen, mit Amazon dahingehend zu kooperieren, sein (ebenfalls als fehleranfällig geltendes) VlB mit der Amazon-Datenbank abzugleichen, um bei Unterschieden die Verlage anzuschreiben und um Aktualisierung ihrer Daten zu bitten. „Davon profitieren beide Datenbanken“, erklärte Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang gegenüber buchreport.

So würde die Preisfrage an die Quelle, also an die Verlage, weitergegeben. „In einem Jahr“, so Sprang, „erreichen Amazon und das VlB auf diese Weise Barsortimentsniveau…“

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