buchreport

Fuck your copyright

Der Streit ums Urheberrecht eskaliert. Die Web-Guerilla-Aktivisten von Anonymous haben massenhaft Daten von Unterzeichnern der Kampagne „wir-sind-die-urheber.de“ (hier mehr zur Aktion) veröffentlicht, darunter Telefonnummern und Adressen von prominenten Autoren wie Charlotte Roche, Sven Regener, Charlotte Link und Frank Goosen. Zuvor hatte Anonymous bereits die Vereinigung von Krimiautoren „Das Syndikat“ attackiert.

Die Links zu den geschützten Daten der Autoren und sonstiger Vertreter des Kulturbetriebs (u.a. Rammstein-Sänger Till Lindemann) sind auf der Facebook-Seite von Anonymous gepostet worden. Die Initiatoren der Unterschriftenaktion haben auf ihrer Seite den Angriff bestätigt: „ Wir werden bedroht! Kriminelle, die das Urheberrecht bekämpfen, kündigen an, von jedem der Unterzeichner die Postanschrift (oder denic-Adresse) zu hacken und ins Netz zu stellen, wenn wir unsere Unterschriftenliste nicht schließen. Bitte sehen Sie von einer Unterschrift ab, wenn Ihnen darum bang ist. Natürlich geben wir keinerlei Adressen weiter.“ Der Initiator, der Berliner Literaturagent Matthias Landwehr, erklärte in der „FAZ“: „Es geht hier um Bloßstellung und Bedrohung, wie man sie aus totalitären Staaten kennt“..
„Spätestens nach dieser Aktion muss Facebook handeln, wenn sie sich nicht selbst haftbar machen wollen“, schreibt der Rechtsanwalt Arno Lampmann in einem Blogpost zum „schwerwiegenden Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht aller Beteiligten“.

Update: Mehrere deutsche Buchverleger haben die Aktion von Anonymus kritisiert. Dies sei „der vorläufige Höhepunkt von beispiellosen kunstfeindlichen Beleidigungen und Beschimpfungen aus der Deckung des Internets“. Man werde die betroffenen Künstler mit allen, auch juristischen Mitteln gegen diese Nötigung und gegen die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte verteidigen. „Die Einschüchterung der Unterzeichner durch die drohende illegale Veröffentlichung ihrer geschützten privaten Daten richtet sich nicht nur gegen das Grundrecht der freien Meinungsäußerung. Sie will Künstler mundtot machen und für vogelfrei erklären.“ Unterzeichnet haben die Mitteilung Nicola Bartels (Blanvalet), Günter Berg (Hoffmann und Campe), Jörg Bong (Fischer Verlage), Siv Bublitz (Ullstein Buchverlage), Klaus Eck (Verlagsgruppe Random House), Alexander Fest (Rowohlt), Ulrich Genzler (Heyne, Blessing Verlag), Marcel Hartges (Piper), Wolfgang Hörner (Galiani Berlin), Michael Krüger (Hanser), Jo Ländle (Dumont), Helge Malchow (Kiepenheuer & Witsch, Rainer Osnowski (KiWi-Köln), Birgit Schmitz (Berlin-Verlag), Thomas Sparr (Suhrkamp), Hans-Peter Übles (Droemer Knaur), Georg Reuchlein (Goldmann, btb, Luchterhand).

Der SPIEGEL berichtet in der aktuellen Ausgabe (14. Mai 2012) von einem weiteren Angriff von Anonymous. Im Visier stehen die Initiatoren einer weiteren Kampagne für den Erhalt des Urheberrechts: Im Vorfeld der jüngsten Aktion von Landwehr hatte die Autorengruppe „Das Syndikat“ dazu aufgerufen, sich für den weltweiten Schutz des Urheberrechts einzusetzen. Neben einer Erklärung hat die Gruppe auch drei Anzeigenmotive entworfen, bei denen ein Anonymous-Vertreter Leichen (von Autoren) fleddert (s. Fotos unten, buchreport.de berichtete).
Ende April habe Anonymous mit so genannten Mailbomben die Computer aller an der Kampagne Beteiligten in die Knie gezwungen. 100.000 Mails seien allein bei der Autorin Nina George innerhalb einer Stunde eingegangen. Der Text der Nachricht: „Don’t Fuck With Anonymous“. Auch in diese Fall seien private Daten der Autoren auf pastebin.com veröffentlicht worden, die sich an der „Ja zum Urheberrecht“-Kampagne beteiligt hatten. Dies sei das erste Mal gewesen, dass Anonymous Privatpersonen angegriffen habe. Bisher seien es immer Firmen und Organisationen gewesen, die attackiert worden seien, berichtet der SPIEGEL.

Kommentare

5 Kommentare zu "Fuck your copyright"

  1. Jennifer Stühler | 16. Mai 2012 um 20:16 | Antworten

    Hallo alle zusammen!

    Natürlich finde ich es bedenklich, mit welchen Methoden im Moment beide Gruppierungen gegeneinander vorgehen. Aber mal ganz ehrlich: Ich bezweifle das es sich hier wirklich um „Anonymus“ handelt, denn solche Aktionen passen so gar nicht zu ihnen. Bei genauerer Überlegung würde ich eher sagen, dass es sich um eine“abtrünnige“ Splittergruppe handelt, die einfach den Namen verwendet und gegen die Prinzipien der Ursprungsidee handelt.

  2. Die gute Buchmarie | 15. Mai 2012 um 22:39 | Antworten

    Ich finde die Eskalation des ganzen insofern gut, als dass Anonymus damit genau das Gegenteil dessen erreicht, was sie eigentlich bezwecken wollen. Die Folge des ganzen ist nämlich, dass die Problematik der Urheberrechtsverletzung und das Thema Urheberrecht im Allgemeinen viel stärker ins öffentliche Bewusstsein tritt. Insofern: weitermachen!

  3. Johannes Klingebiel | 15. Mai 2012 um 2:31 | Antworten

    Zum einen gibt es kein „Anonymous“ im Sinne einer Organisation, es ist vielmehr ein Button den sich jeder anstecken darf, der gerade Lust dazu hat. Das wird schnell übersehen, wenn man von Anonymous spricht.
    Das Persöhnlichkeitsrecht wird nicht durch die Veröffntlichung verletzt, denn alle diese Addressen sind offen in Telefonbüchern und auch Online verfügbar, sprich wurde kein gängiges Recht verletzt.
    Das diese Aktion unnötig, kindisch und wenig hilfreich ist, ist natürlich klar.
    Jedoch ist die Wir-Sind-Urheber Aktion genau so wenig hilfreich in der Diskussion. Es wird lieber zementiert, als zu reden. Hauptsache der eigene Bunker ist warm.

  4. Das ist das übliche Vorgehen auch von „Piraten“. Die veröffentlichen gerne auf Twitter die persönlichen Denic-Daten, um Andersdenkende einzuschüchtern. Gern informieren die Piraten noch den Bundesvorstand von ihren heldenhaften Taten.

  5. Man muß kein Freund der Aktion Wir-sind-die-Urheber sein, um zu sehen, dass es auf Seiten von Anonymus (wer auch immer sich zu dieser Seite zählt) offenbar Menschen gibt, die die Auseinandersetzung durch Methoden der Einschüchterung zu unterdrücken suchen. Trotzdem ist es kaum verständlich, was die Strategie sein soll, Menschen, die sich sowieso schon namentlich äußern, noch mal öffentlich zu machen.
    Man kann aber aus der Aktion auch herauslesen, daß einigen Gegnern des Urheberrechts bzw. Verwertungsrechts offenbar die Argumente ausgehen, wenn sie zu solchen Maßnahmen greifen.

    Ich ziehe es vor, nicht anonym zu diskutieren und zu agieren…

    Wenn also jemand von Anonymus an einem konstruktiven Austausch interessiert ist, freue ich mich über ein gespräch.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihre Daten elektronisch gespeichert werden. Diese Einverständniserklärung können Sie jederzeit gegenüber der Harenberg Kommunikation Verlags- und Medien-GmbH & Co. KG widerrufen. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutz-Richtlinien

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*