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Langweilig, tragisch oder karrierefördernd?

The same procedure as every year – in wenigen Wochen präsentiert sich die Branche wieder beim Frankfurter Schaulaufen. buchreport.de hat routinierte Buchmesse-Gänger vorab nach ihren persönlichen Top-3 gefragt: von den schönsten Messe-Orten bis zu den interessantesten Foto-Köpfen. Die Antworten werden in einer Serie bis zur Buchmesse auf buchreport.de präsentiert.

Teil 6 der Serie: Hartwig Schulte-Loh (Foto), Ex-Geschäftsführer beim Berliner Kulturkaufhaus Dussmann, heute Berater mit seinem Unternehmen Buchnet, über die dämlichsten Smalltalk-Strategien der diesjährigen Messe:

Auf der Frankfurter Buchmesse wird so manches Wichtige gedacht, besprochen, verhandelt und entschieden. Der allerdings überwiegende Teil der Messe besteht aus Zwischenräumen. Damit solche Veranstaltungen nicht wie eine lecke Luftmatratze in sich zusammen fallen, hat die Menschheit einen genialen Füllstoff entwickelt: den Smalltalk.

Der langweilige Smalltalk

Diese Form des Smalltalks ist derart beiläufig, dass sie ein fast chronisches Déjà-vu erzeugt. Wer mit wem oder wer ohne wen oder wer wo oder wer bald nicht mehr wo, was macht denn der eigentlich heute, die sieht aber schlecht aus, lebt der noch – das ist  das jährlich Klatsch & Tratsch-Schlammbad, in das auch die Buchbranche gerne eintaucht. Schließlich gibt es kaum etwas Schöneres, als über andere herzuziehen. Beliebt sind auch die Spekulationen über den Literatur-Nobelpreis mit der Chance, sich als Kenner der Weltliteratur zu präsentieren. Ergänzt wird diese Form des Smalltalks durch Statements zu E-Books, dem Untergang der Buchbranche, Charlotte Roche und der früher viel besseren Feste.

Der tragische Smalltalk

Charakteristisch für diese Form des Smalltalks sind zwei ältere Herren, die sich darüber unterhalten, dass sie vielleicht  noch immer bei einer jungen Buchhändlerin landen könnten, da ja nicht ihr alternder Körper, sondern ihr noch immer funkelnder Geist das Maß der Dinge sei. Diese Form des Selbsttäuschungstalks bedarf jedoch des mutigen Überschreitens der Eine-Promille-Grenze.

Der karrierefördernde Smalltalk

Mit dieser Variante des Smalltalks schaffen Sie es, sich aus dem allgemeinen Talktalktalk herauszuheben und  Aufmerksamkeit zu finden, die Ihrer Karriere nützlich sein könnte. Es gibt verschiede Themen, die sich dafür bestens eignen.
Was halten Sie vom beschleunigten Auseinanderdriften der Galaxien, ist eine Frage, die den Gegenüber nicht nur verblüfft, sondern ihm auch zeigt, dass Sie das große Ganze im Auge haben. Auch ein Hinweis auf ihre Teilnahme am New-York-Marathon, trotz 30 Kilo Übergewichts, führt zu spontanem Erstaunen und empfiehlt Sie für höhere Führungsaufgaben. Unerlässlich ist ein Hinweis auf  IT-Begeisterung. Da genügt es nicht mehr, allein sein Smartphone zu zeigen oder ganz beiläufig mit dem Tablet zu spielen. Mindestens eine Bemerkung zur letzten Konferenz mit dem Titel „124c41“ und dem hochinteressanten Referat von Anna Blome
über „Self Publishing und Tierschutz“ zementieren ihren Ruf als Innovator..

Was wäre die Welt ohne Smalltalk? Wesentlich und grau. Denn – was wäre der Lattenzaun, ohne Zwischenraum hindurch zu schaun.“

Bisherige Umfrage-Antworten:

Britta Friedrich über die schönsten Messe-Plätze zum Entspannen

Gerald Zörner über interessante Foto-Motive

Hanser-Kinderbuch-Chef Ulrich Störiko-Blume über die drei Personen, denen er in diesem Jahr auf jeden Fall die Hand schütteln möchte.

Literaturagent Joachim Jessen: Top-3 zur Frage: „Wo buchmessen wir den nun wirklich?“

Unternehmensberater Leander Wattig (Spezialgebiet: Marketing im Social Web) über seine Top-3 der diesjährigen Buzzwords in Frankfurt:

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