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Raus aus dem Elfenbeinturm

Gemeinsam mit ihren Schriftstellerkolleginnen Katrin Burseg (Foto r.) und Maike Nielsen (Mitte) hat Heike Koschyk (links) ein neues Lesungsformat ins Leben gerufen: „Bonsoir Histoire” heißt ihr Programm, das die Lesung zum Event machen soll. Unter dem Motto „Drei Frauen. Drei Romane. Drei Jahrhunderte“ präsentieren die Autorinnen ihre historischen Buchinhalte begleitet von Musik, passenden Hintergrundgeräuschen und Filmsequenzen. Konzept und Idee erläutert Koschyk im Interview mit buchreport.de.

v.l.n.r.: Heiky Koschyk, Maiken Nielsen, Katrin Burseg © Pressefoto Philips 

Sind „Wasserglas“-Lesungen inzwischen überholt?

Ich denke, es kommt vor allem auf die Persönlichkeit des Autoren an, der für sein Publikum liest und sicher gibt es auch Themenbereiche, die von Natur aus unterhaltsam sind. Manche Autoren vermögen es ohne jede Hilfsmittel, ihre Zuhörer in den Bann zu ziehen, doch das ist eher die Ausnahme.

In der heutigen Zeit gibt es eine große Vielfalt an kulturellen Angeboten und wenn sich jemand dazu entscheidet, den Abend bei einer Lesung zu verbringen, dann möchte er nicht nur den Autoren kennenlernen, sondern auch unterhalten werden.

Eine „Wasserglas“-Lesung, bei der der Buchtext im Vordergrund steht, kann in dem Fall schnell enttäuschen, vor allem wenn die Ankündigung des Buches spannender ist als die Lesung selbst. Ein Großteil des Publikums möchte den Abend mit allen Sinnen genießen und etwas mit nach Hause nehmen, das berührt oder begeistert hat.

Fehlen den Verlagen die Ideen für Veranstaltungen außerhalb des Mainstreams?

Die Verlage sind hier vor allem Vermittler zwischen Autor und Buchhandel und treten nur bei der Planung von Veranstaltungen ihrer Bestsellerautoren in Aktion. Autoren, die nicht in diese Kategorie fallen, müssen selbst aktiv werden und etwas Besonderes bieten, um auch erfolgreich vermittelt zu werden.

Lohnt sich der Aufwand?

Kurzfristig gesehen ist ein Erfolg spürbar und die begeisterte Resonanz sowohl von Seiten der Buchhändler als auch vom Publikum zeigt, dass wir mit unserer Lesung den Zeitgeist treffen. Um aber auch langfristig messbare Ergebnisse zu erhalten, muss sich „Bonsoir Histoire“ als Eventlesung etablieren. Das scheint aber nur eine Frage der Zeit, denn auf Facebook und Twitter drängen die Leser nach Auftritten in ihrer Nähe und auch die Medien reagieren mit großem Interesse.

Warum sollten Autoren in Social-Media-Netzwerken Präsenz zeigen?

Viele Autoren verlassen nur ungern ihren Elfenbeinturm und wundern sich, wenn sie den Leser mit ihren Werken nicht erreichen. Eine Präsenz in Social-Media-Netzwerken hingegen bietet den direkten Kontakt und dieser wird umso intensiver, je länger man sich mit diesem Medium beschäftigt. Wer hier offen bleibt und nicht nur von sich schreibt, sondern auch mitliest und zuhört, erfährt Wertvolles über die Wünsche und Bedürfnisse der Leser, was sich spätestens dann auszahlt, wenn man die Erkenntnisse auch umsetzt. Autoren, die in den Netzwerken authentisch bleiben, erschaffen eine Marke, die auch langfristig im Gedächtnis haftet.

Aber auch Kontakte zu anderen Autoren und Menschen aus der Buchbranche sind ein ganz wesentlicher Bestandteil dieses Netzwerkes. Ohne dies hätte ich meine Kolleginnen von „Bonsoir Histoire“ gar nicht erst kennengelernt.

Wie wichtig ist der stationäre Handel für Ihr Genre?

Gerade im Historischen Roman gibt es große Spannbreiten, die den gesamten Bereich der Literatur widerspiegeln: vom Krimi über den Liebesroman bis hin zur anspruchsvollen Literatur. Es ist für den Leser alleine anhand des Klappentextes nicht immer erkennbar, ob der ausgewählte Roman den eigenen Erwartungen entspricht und da ist eine gezielte Beratung oft sehr wichtig. Das Internet bietet inzwischen durch seine vielfältigen Buchplattformen eine gute Möglichkeit zur Orientierung, doch nicht alle Leser nutzen diese Form der Information.

Der Buchhändler vor Ort, der sich für ein Buch auch außerhalb der Bestsellerlisten begeistert und seine Kunden entsprechend berät, ist daher unersetzbar. Und das gilt nicht nur für unser Genre.

Die Fragen stellte Lucy Kivelip

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